Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

11.07.2021

Bei einem Brand in einer Lebensmittelfabrik in Bangladesch starben vorgestern mindestens 52 Menschen, darunter zwölfjährige Kinder – genau solche Fälle könnte das im Juni vom Bundestag beschlossene Lieferkettengesetz fortan verhindern. Theoretisch. Praktisch ist dieses Lieferkettengesetz so zielführend wie eine Gebärmutterhalskrebs-Früherkennungsuntersuchung im Vatikan.

Die deutschen Unternehmen sind nur bei ihren unmittelbaren, also bei ihren direkten Zulieferern verantwortlich für die Einhaltung der Menschen- und Umweltrechte.

Bei ihren mittelbaren Zulieferern, also ab dem zweiten Glied der Lieferkette – dort, wo die Menschen- und Umweltrechte hauptsächlich verletzt werden, müssen deutsche Unternehmen erst dann aktiv werden, wenn sie davon konkrete Kenntnis haben.

Und die Fälle, in denen deutsche Unternehmen zugeben werden, dass sie bei ihren indirekten Zulieferern konkrete Kenntnis von einer Menschen- und Umweltrechtsverletzung haben, werden ebenso oft vorkommen wie eine Hochzeit zwischen BILD-Zeitungschef Julian Reichelt und Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

Sowohl deutsche Unternehmen als auch Unternehmen in anderen Ländern werden sogar eindeutige Hinweise auf Kinderarbeit zu ignorieren respektive keck zu interpretieren wissen: Die Anwesenheit zwölfjähriger Kinder in einer Lebensmittelfabrik in Bangladesch wird nicht als ein Hinweis auf Kinderarbeit betrachtet werden, sondern als ein Hinweis darauf, dass es vor dreizehn Jahren eine Betriebsweihnachtsfeier gab, zu der auch Franz Beckenbauer eingeladen war.

Außerdem gilt das Gesetz zur Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten zunächst nur für die Unternehmen, die über 3000 Mitarbeiter haben. Das ist, als wollte man das Übergewicht bei den Bürgern beseitigen, indem man zunächst nur den Menschen eine Diät verordnet, die über 300 Kilo wiegen.

Da die Bundesregierung es also nicht geschafft hat, ein wirksames Gesetz zur Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten zu beschließen, sollten die Bürger Deutschlands lediglich ethisch korrekt hergestellte Produkte kaufen – also Produkte, bei deren Herstellung es höchstens einen Brand oder eine Ölkatastrophe im Monat gab und die Kinder nur eine 50-Stunden-Woche hatten.

Noch besser wäre es natürlich, die Menschen in Deutschland und in anderen Ländern würden fortan nur noch die Dinge kaufen, die sie wirklich brauchen, und auf die Dinge verzichten, die überflüssig sind. Dass man bekanntlich die besten Dinge ohnehin nicht für Geld bekommt, beweisen allein käufliche Politiker.

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