Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

15.09.2023

Gewiss, man kann einwenden, dass richtige Gesetzesbeschlüsse nicht deswegen falsch werden, weil die AfD zustimmt.

Und, gewiss, man kann einwenden, dass die rot-rot-grüne Regierung Thüringens die Kommunalordnung auch nur mit Stimmen der AfD ändern konnte.

Dass die CDU Thüringen ihren Gesetzesbeschluss, wonach die Grunderwerbssteuer um 1,5 Prozent gesenkt wird, mit den Stimmen der AfD durchgesetzt hat, ist deswegen keine Bagatelle, weil es nicht die erste Annäherung der CDU Thüringen und der AfD Thüringen war – und auch nicht die letzte.

Die von der CDU beschworene Brandmauer gegen die AfD wird zu einer Drehtür.

Mal abgesehen davon, dass die CDU Thüringen diesen Gesetzesbeschluss zur Senkung der Grunderwerbssteuer nicht mit einer Attitüde preisen sollte, als hätte sie den Klimawandel gestoppt oder die Armut auf der Welt beseitigt.

Das Problem besteht darin, dass die Zusammenarbeit mit der rechtsextremistischen AfD normalisiert wird. Und es beginnt meistens mit scheinbar kleinen Vorkommnissen: Doch je öfter sich jemand den Kopf stößt, desto normaler erscheint ihm das Dschungelcamp.

Viele CDU-Politiker würden nahezu alles tun, um in die Regierung zu kommen. Wer darauf vertraut, dass die CDU nach den nächsten Landtagswahlen keinesfalls mit der AfD koalieren wird, der vertraut auch darauf, dass Michael Wendler einen Beweis für die String-Theorie findet.

Die Bundesregierung und die Landesregierungen sollten endlich eine Politik machen, deretwegen die AfD auch aus Sicht ihrer derzeitigen Wähler überflüssig wird.

Und bevor jemand bei der nächsten Wahl die AfD wählt, sollte der- oder diejenige eines bedenken: Man sollte nicht vor ein Auto laufen, nur weil man mit der Ampel unzufrieden ist.

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10.09.2023

Du, Sahra Putinknecht (früher Wagenknecht, siehe Blog-Beitrag vom 01.10.2022), kritisierst Deutschlands Hilfszusagen an die Ukraine und behauptest, diese wären für die deutschen Steuerzahler „ein Fass ohne Boden“.

Dabei beziehst Du Dich auf eine Zahl des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, wonach sich die europäischen Hilfszusagen für die Ukraine auf 156 Milliarden Euro belaufen. Als Kremlsprecherin verschweigst Du jedoch Folgendes:

Zum einen sind die 156 Milliarden Euro die Summe der Hilfszusagen aller EU-Mitgliedsstaaten und Nicht-EU-Staaten wie Norwegen und Großbritannien.

Zum anderen wird diese Summe nicht auf einmal ausgezahlt, sondern verteilt über mehrere Jahre.

Und vor allem ist die Ukraine von Russland zu Unrecht angegriffen worden; die russischen Soldaten begehen in der Ukraine die widerwärtigsten Verbrechen, und deswegen hat die Ukraine jede nur mögliche Unterstützung verdient.

Mal abgesehen von der Tatsache, dass Putins Verbrechen gegen die Ukraine per se ein berechtigter Grund für jede erdenkliche Hilfe sind, ist die Ukraine einer der größten Getreideexporteure der Welt. Da die Ukraine seit Beginn des Krieges bedeutend weniger Getreide exportieren kann, ist der Getreidepreis auf dem Weltmarkt und damit die Zahl der hungernden Menschen weltweit gestiegen. Indem man den Menschen in der Ukraine hilft, hilft man also auch anderen Menschen. Aber Du, Sahra Putinknecht, kennst aufgrund Deiner Hauptbeschäftigung die Furunkel an Putins Hintern natürlich besser als den Hunger in der Welt.

Tatsächlich belastet werden die deutschen Steuerzahler aufgrund der Diätenzahlungen an eine Frau, die für die Linke im Bundestag sitzt und Stellung gegen Putins Angriffskrieg beziehen sollte, aber mit Selbstgerechtigkeit und Russlandpropaganda beschäftigt ist.

@Hilfe-für-die-Ukraine

(Mehr zu diesem Thema gibt es unter anderem in den Blog-Beiträgen vom 01.10.2022, 05.07.2022, 07.05.2022 und 26.02.2022)

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05.09.2023

Die Staatsanwaltschaft Gießen erhebt Anklage gegen einen ehemaligen KZ-Wachmann. Dem Mann wird vorgeworfen, im Konzentrationslager Sachsenhausen in mehr als 3.300 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet zu haben.

Viele Menschen sagen, dieser Mann sei 98 Jahre alt und deswegen „müsse auch mal gut sein“. Die gleiche Forderung war auch zu hören bei dem Prozess gegen eine ehemalige KZ-Sekretärin, die im Dezember 2022 wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen verurteilt wurde (es wurde Berufung eingelegt).

Es gibt mehrere Gründe, deretwegen die Prozesse gegen ehemalige KZ-Mitarbeiter und KZ-Mitarbeiterinnen berechtigt sind:

1. Mord und Beihilfe zum Mord verjähren nicht. Genauso wenig wie die Leiden der Holocaust-Überlebenden.

2. Nur, weil sich ein Täter bisher nicht vor einem Gericht verantworten musste, darf das nicht bedeuten, dass sich dieser Täter auch fortan nicht vor einem Gericht verantworten muss.

Nach der Argumentation vieler Menschen müsste ein Mörder oder Gehilfe nur lange genug zu Unrecht seiner gerechten Strafe entkommen sein, um deswegen zu Unrecht nicht mehr seine gerechte Strafe zu erhalten.

Da die meisten NS-Verbrechen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht aufgearbeitet wurden, entgingen die meisten Täter ihrer Strafe – sie machten Karriere in der Wirtschaft, Justiz und kriminellen Milieus wie der CDU.

Die richtige Frage lautet nicht, warum jemand jetzt noch wegen seiner Taten in der NS-Zeit angeklagt wird; sondern die richtige Frage lautet, warum jemand jetzt erst wegen seiner Taten in der NS-Zeit angeklagt wird.

3. In den Jahrzehnten nach der NS-Zeit konnten die meisten KZ-Mitarbeiter nicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden; laut der damals geltenden Rechtssprechung hätte man ihnen dazu konkret nachweisen müssen, welche Morde sie ermöglicht und begünstigt haben.

Der Bundesgerichtshof änderte jedoch schließlich das Gesetz. Die Begründung: Die willigen und gehorsamen Untergebenen waren die Voraussetzung dafür, dass den verantwortlichen Nazis ein derart organisierter und strukturierter Tötungsapparat für ihre Massenmorde zur Verfügung stand.

Aus diesem Grund können nunmehr KZ-Mitarbeiter und KZ-Mitarbeiterinnen wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden.

Wer dagegen ist, dass sich Menschen geraume Zeit nach ihrem Mitwirken an Naziverbrechen verantworten müssen, der sollte dafür sorgen, dass es fortan keine Naziverbrechen mehr gibt.

Die Politik der AfD bietet dazu reichlich Anlass.

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31.08.2023

Sprache ist wundervoll – sie sagt auch das, was Worte verschweigen möchten.

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler, wurde in einem Interview gefragt, ob er in seiner Jugend den Hitlergruß gezeigt und judenfeindliche Witze gemacht habe.

Darauf hat Hubert Aiwanger geantwortet: „[…], aber es ist auf alle Fälle so, dass vielleicht in der Jugendzeit das ein oder andere so oder so interpretiert werden kann, was als Fünfzehnjähriger hier mir vorgeworfen wird, aber auf alle Fälle, ich sag, seit dem Erwachsenenalter, die letzten Jahrzehnte, kein Antisemit, kein Extremist, […]“.

Es sei an dieser Stelle nur nebenbei erwähnt, dass Hubert Aiwanger so spricht, wie eine Rüttelplatte Ballett tanzt.

Für jemanden, der in der bayerischen Landespolitik einen Führungsposten innehaben möchte, wäre korrektes Deutsch ein Karrierehindernis.  

Zurück zum Interview. Beachtenswert ist Hubert Aiwangers Betonung bei: „[…] seit dem Erwachsenenalter, die letzten Jahrzehnte, kein Antisemit, kein Extremist, […]“. Das ist so, als ob ein Drogendealer auf die Frage, ob er früher Drogen verkauft habe, antwortete, „seit meiner Entlassung aus dem Gefängnis, die letzte Zeit, keine Drogengeschäfte, keine Straftaten …“ 

Nach diesem Muster könnte jemand auf eine peinliche Frage auch sagen: „Seit dem Erwachsenenalter kein Windelnässer mehr.“

Im weiteren Verlauf dieses Interviews fragte der Reporter Hubert Aiwanger: „Ist denn in Ihren Akten, in Ihren Schulakten, irgendetwas, was man denn noch finden könnte, was Sie jetzt möglicherweise noch weiter belasten könnte?“

Jeder Mensch, der – abgesehen von dem bereits bekannten Fehlverhalten in seiner Jugend – nichts zu verbergen hat, hätte diese Frage mit der Entschiedenheit eines guten Gewissens verneint. Hubert Aiwanger hingegen antwortete ausweichend: „Lassen wir uns überraschen, was da jemand, äh …, mir unter die Nase halten will.“

Um bei dem eben erwähnten Gleichnis zu bleiben: Nur jemand, der früher Drogen verkauft hat, weiß, dass beim Stöbern in seiner Vergangenheit noch das ein oder andere Päckchen gefunden werden könnte.

Hubert Aiwanger brach das Interview mit diesem Reporter schließlich ab, indem er sich abwandte; da stellte ein danebenstehender Reporter ihm ebenfalls die Frage, ob er den den Hitlergruß gezeigt und judenfeindliche Witze gemacht habe.

Daraufhin antwortete Hubert Aiwanger: „Ist mir auf alle Fälle nicht erinnerlich.“

Die grammatikalisch korrekte Antwort hieße übrigens: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“ (Sich) erinnern ist ein reflexives Verb. Über Reflexion weiß Hubert Aiwanger jedoch genauso wenig wie ein katholischer Priester über Kinderschutz.

Hubert Aiwanger behauptet also, er könnte sich nicht daran erinnern, ob er als Fünfzehnjähriger den Hitlergruß gezeigt und judenfeindliche Witze gemacht habe. Das ist unglaubwürdig. Dass sich Hubert Aiwanger angeblich nicht mehr daran erinnern kann, ob er als Fünfzehnjähriger den Hitlergruß gezeigt und judenfeindliche Witze gemacht hat, könnte natürlich auch daran liegen, dass es für ihn selbstverständlich war.

Wenn Hubert Aiwanger das unwürdige Fehlverhalten in seiner Jugend zugegeben und sich davon eindeutig distanziert hätte, dann hätten die meisten gewiss Nachsicht gezeigt. Hubert Aiwanger hat jedoch erst heute nach all den vielen Ausflüchten und unter hohem Druck halbherzig um Entschuldigung gebeten, wobei er sich erneut als Opfer einer Schmutzkampagne darstellte.

Er hat betont, das antisemitische Flugblatt habe nicht er verfasst; dabei steht das schon längst nicht mehr zur Debatte. An den Hitlergruß und die judenfeindlichen Witze, deretwegen man ihn tatsächlich beschuldigt, möchte sich Hubert Aiwanger immer noch nicht erinnern können.

Es sei dahingestellt, ob er in seiner Jugend auch Hitler imitiert hat. Fest steht, dass er in der Aufarbeitung seines Vergehens derzeit die Nazigrößen nach dem Zweiten Weltkrieg imitiert.

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26.08.2023

Das Finale der Fußball-WM der Frauen haben die Spanierinnen gewonnen. Doch wie immer, wenn es Zeit wäre, die Leistung bestimmter Frauen zu würdigen, steht stattdessen ein testosterongesteuerter Vollhonk im Mittelpunkt: Luis Rubiales, Präsident des spanischen Fußballverbandes, küsste bei der Siegerinnenehrung eine der spanischen Spielerinnen ungefragt auf den Mund.

Die von vielen Menschen derzeit diskutierte Frage sollte nicht lauten: War dieser Kuss unangebracht; oder war er vertretbar?

Die richtige Frage lautet: Muss Luis Rubiales zurücktreten; oder muss Luis Rubiales zurücktreten, und alle Frauen der spanischen Nationalmannschaft dürfen ihn zudem in seinen Strafraum treten?

All die Männer, die wegen dieser sexuellen Aggression sagen, es wäre „doch nur ein Kuss gewesen“, haben offensichtlich keine Empathie. Um es diesen geistig-moralischen Einzellern verständlich zu erklären: Wenn ein Mann eine Frau ungefragt küsst und hinterher gesagt wird, es wäre doch nur ein Kuss gewesen, dann ist das so, als würde eine Frau diesen Männern mit einem Schlüssel den Lack deren neuen Mercedes zerkratzen und hinterher sagen, es wäre doch nur eine Nachricht.

Unerwünschte Küsse sind nicht die einzige Form sexueller Aggressionen: Auf der Kleidung vieler Frauen gibt es mehr fremde Fingerabdrücke als auf Touchscreen-Monitoren von SB-Terminals. 

Das Paradoxe an diesem übergriffigen Verhalten ist: Ausgerechnet die Männer, die Frauen nicht begreifen, begreifen Frauen.

Viele Männer müssen dem Besitzstandsdenken entsagen, wonach sie mit Frauen angeblich machen können, was Frauen nicht möchten.

Und diese Männer sollten eines bedenken: In einem bekannten Märchen küsst eine Prinzessin einen Frosch; und daraufhin entpuppt sich der Frosch als Prinz. In der Realität küsst so mancher Frosch ungefragt eine Frau; und daraufhin entpuppt sich der Frosch als Widerling.

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