Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

15.09.2022

Dass Menschen beim Tod eines Menschen trauern, ist angemessen. Unangemessen ist jedoch, dass Menschen die vor kurzem verstorbene Queen Elizabeth II. glorifizieren.

Queen Elizabeth II. wird vor allem dafür gelobt, dass sie sich immer aus der Politik herausgehalten habe. Mal abgesehen davon, dass sie zur politischen Neutralität verpflichtet war, gebührt das größte Lob für das Heraushalten aus der Politik zweifellos Olaf Scholz.

Und neben Premierministern wie Boris Johnson würdevoll und diplomatisch zu wirken ist so schwierig, wie neben Peter Altmaier schlank zu wirken.

Die meisten Menschen übersehen auch einen anderen Aspekt: Sie kannten Queen Elizabeth II. nicht persönlich. Sie kennen nur die für die Öffentlichkeit respektive fürs Fernsehen inszenierten Bilder. Und wegen dieser Inszenierung verkennen sie unter anderem die Tatsache, dass all der Glamour des britischen Könighauses auf Ausbeutung und Unterdrückung anderer Menschen basiert.

Wer glaubt, Großbritanniens Kolonialismus wäre ein Kapitel aus längst vergangener Zeit, der irrt sich: Auch in der Amtszeit Queen Elizabeths II. hat die britische Herrschaft grausame Kolonialverbrechen begangen, vor allem in Kenia, Ägypten und Malaysia.

Noch heute profitiert die britische Königsfamilie mit Werten in Millionenhöhe von der Kolonialzeit. 

Queen Elizabeth II. hat Großbritanniens Kolonialismus niemals kritisiert; und sie hat niemals irgendeine Form der Wiedergutmachung für die noch heute darunter leidenden Menschen geleistet.

Bemerkenswert ist, wie viele Deutsche die britische Königsfamilie wegen deren Prunks bewundern und gleichzeitig in Deutschland Menschen mit angeblich leistungslosem Einkommen verachten.

Zudem ist der Prunk das einzige, worin sich die britische Königsfamilie von jeder anderen zerstrittenen Spießerfamilie unterscheidet.

Gut, leistungslos erworben hat diese Monarchenfamilie ihr Vermögen genaugenommen nicht – im Gegenteil: Die Royals haben es sich mit Kriegen, Kolonialismus, Menschenrechtsverletzungen, Sklavenhalterei und daraus hervorgehendem Rassismus hart ergaunert.

Doch das, was sich hinter all dem Glamour verbirgt, übersehen viele Menschen ebenso wie die Tatsache, dass der Satz „God save the Queen“ dasselbe besagt wie der Satz „Niemand schütze die Königin“.

Die meisten Menschen lieben den schönen Schein; und auf ihrem Glauben beharren sie mehr als auf der Wahrheit.

Das Gebaren, womit viele Menschen am Tod Queen Elizabeths II. anteilnehmen, wäre verständlich, wenn diese Menschen genauso viel Anteilnahme am Leben und Sterben der Menschen aufbrächten, die immer noch unter den Folgen der britischen Kolonialherrschaft leiden.

All diejenigen, deren Trauer sich auf den Tod eines unrechtmäßig reichen Menschen beschränkt und deren Gefühlswallungen bei jeder Hochzeit und jeder Geburt im Königshaus Großbritanniens den Schmalz aus allen Kanälen quillen lassen, sehnen sich nach einer vermeintlich heilen Welt. Und in ihrer Sehnsucht nach einer vermeintlich heilen Welt romantisieren sie ausgerechnet ein Gesellschaftssystem, in dem ein einzelner Mensch nur aufgrund seiner Geburt einst Macht über alle anderen Menschen im Land besessen hat.

Eine bessere Welt entsteht jedoch nicht durch die Verklärung von Missständen, sondern durch deren Beseitigung – und durch Empathie auch bei Menschen ohne Ruhm und Titel.

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