Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

23.12.2020

Was die Menschen derzeit noch viel dringender brauchen als einen Impfstoff, sind Vernunft und Empathie. Zumal das Coronavirus mutiert – es also trotz „Titanic II“ nicht eingesehen hat, dass man auch dann, wenn etwas zu Weltgeltung gekommen ist, auf dessen Fortsetzung getrost verzichten kann.

Allein die Kommentarspalten auf Facebook und bei Twitter beweisen indes: Viele Menschen haben so viel Vernunft und Empathie wie ein Pinguin Detailwissen über Kakteen.

Viele Menschen richten ihre Empörung zudem nicht einmal gegen relevante Probleme: nicht dagegen, dass während des Lockdowns die Gewalt gegen Lebenspartnerinnen gestiegen ist. Nicht dagegen, dass in dem Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos Tausende Menschen unter unwürdigen Umständen hausen müssen. Und auch nicht dagegen, dass dieses Jahr so viel Regenwald abgebrannt wurde wie nie zuvor. 

Besonders in Deutschland nehmen sich viele Menschen nicht der Probleme an, deretwegen ihnen das Wasser bis zum Hals steht, sondern sie beschweren sich über das Sinken dieses Wasserpegels, wenn jemand ohne Behördengenehmigung seine Blumen gießt. 

Die Corona-Pandemie hat diese Kleingeistigkeit erneut offenbart: Eine Schutzmaske wird als Zeichen einer vermeintlichen Diktatur verteufelt. Auf der anderen Seite wird auch derjenige, der sich mit Quatschdenkern nicht gemeinmacht und nur vorsichtig nach möglichen Langzeitfolgen eines neuen Impfstoffes fragt, als vermeintlich unsolidarischer Querulant geächtet. – Die Menschen sollten stattdessen gemeinsam hoffen, dass auch das neue Mittel aus dem Hause Pfizer wie gewohnt Totgesagte wiederauferstehen lässt.

Vor allem können und werden wir die Corona-Pandemie bewältigen, wenn der Homo sapiens, also der verstehende respektive vernünftige Mensch, seinen Namen im allgemeinen nicht mehr so unverdient trägt wie ein Goldfisch.

Euch, meinen lieben Leserinnen und Lesern, wünsche ich einen schönen Jahresausklang – und dass Ihr von dem offiziell erlaubten Familienbesuch dabei möglichst wenig gestört werdet.

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