Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

28.04.2020

Glücksratgebern, geschrieben von Psychologen mit einem Abschluss an der Volkshochschule Wiedenborstel nach der Lektüre von elf Glückskekszetteln, entnehmen viele Menschen die vermeintliche Lebensweisheit, man möge in jedem Moment glücklich sein, indem man mit dem zufrieden ist, was man hat.

Richtig daran ist natürlich, dass man seine Lebenszeit nicht mit dem Anhäufen materieller Dinge und auch nicht mit dem Ärger über Nebensächlichkeiten verschwenden sollte. Falsch daran ist der glücksheischende Blick auf sich selbst.

Wer ständig auf sein Glück schaut, übersieht das Unglück anderer Menschen. 

Wer sich ständig darüber freut, ein Dach über dem Kopf und keinen Hunger zu haben, vermisst zwar weder einen Mercedes noch einen Sechser im Lotto, aber er übersieht all die vielen Menschen, die Not und Elend leiden. All die vielen Menschen auf der Welt, die sich nicht einfach sagen können: „Och, ich hatte heute wieder einmal nichts zu essen – dafür werde ich nicht dick.“

Oder: „Wegen des Krieges in unserem Land wurde ich eben von Gewehrkugeln in den Magen getroffen – na, dann habe ich heute endlich mal was im Bauch.“

Kein Menschenrecht, kein humanistischer Fortschritt, kein Ansatz von Gerechtigkeit wurde jemals dadurch erreicht, indem die Menschen mit dem zufrieden waren, was sie hatten.

Hätten die Sklaven gelernt, die Kette an ihrem Bein als eine Art Kündigungsschutz zu betrachten, dann wären sie zwar im Moment glücklich gewesen, aber es gäbe immer noch keine UN-Menschenrechtsabkommen. 

Hätten die Frauen gelernt, am Herd mit der allgegenwärtigen Wärme zufrieden zu sein, dann wären sie zwar im Moment glücklich gewesen, aber es gäbe immer noch keinen Ansatz von Gleichberechtigung.

Würden alle Menschen in Europa versuchen, jeden Moment wegen ihres Lebensstandards glücklich zu sein, obwohl der Lebensstandard der meisten derzeit auf der Zerstörung der Natur und der Ausbeutung anderer Menschen basiert, dann blieben all die Ungerechtigkeiten auf der Welt bestehen und infolgedessen auch die Menschen in Europa so unglücklich, dass sie sich weiterhin gegenseitig diskriminieren oder ihr Seelenheil in stümperhaften Glücksratgebern suchen.

Der Sinn des Lebens, der nebenbei langfristig glücklich macht, besteht darin, anderen Menschen und Lebewesen zu helfen, glücklich zu werden.

Wirkliches Glück entsteht durch gemeinsames Glück.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Blog

Diesen Betrag teilen:

Facebook Twitter
Abonnieren
Zurück