Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

01.08.2021

Der Erdüberlastungstag respektive Earth-Overshoot-Day, also der Tag, an dem die innerhalb eines Jahres nachwachsenden natürlichen Ressourcen der Erde verbraucht sind, fiel dieses Jahr auf den 29. Juli.

Dass die Menschheit mehr natürliche Ressourcen verbraucht, als innerhalb eines Jahres nachwachsen, begann Anfang der 1970er Jahre – also in dem Zeitraum, als Jimi Hendrix starb und Xavier Naidoo geboren wurde und die Menschen sich wegen dieses Doppelschmerzes in ein konsumabhängiges Glücksgefühl flüchteten.

Der Erdüberlastungstag ist seit 50 Jahren fast jedes Jahr früher: Wenn die Menschheit ihre Lebensweise nicht spätestens jetzt grundlegend ändert, dann fällt der Erdüberlastungstag des Jahres 2050 auf den 31. Dezember 2049.

Dann werden sich die Menschen der indianischen Weisheit erinnern: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr beim Geldessen feststellen, dass Ihr Börsenspekulanten und Investmentbanker möglichst früh zu Landschaftspflegern hättet umschulen müssen.“

Der Umstand, dass der Erdüberlastungstag jedes Jahr früher stattfindet, ist nicht darin begründet, dass die Zahl der auf der Erde lebenden Menschen stetig steigt. Auf der Erde wächst genug gegen den Hunger jedes Lebewesens, aber leider kein Kraut gegen die Profitgier.

Die meisten Menschen in den reichen Ländern haben in materieller Hinsicht alles, was man braucht; doch wenn die Menschen damit zufrieden wären, was sie haben, dann würden die meisten Konzernbesitzer vier Wochen später herausfinden, dass ein Selfie-Stick höchstens dafür gut ist, um in der Kanalisation etwas Kaubares zu harpunieren.

Menschen brauchen Wertschätzung, um glücklich zu sein; aber Konzerne brauchen unglückliche Menschen, um genug Absatz erzielen zu können.

Deswegen wird den Menschen fortwährend suggeriert, ihr derzeitiger Besitz wäre veraltet und unzureichend; und die meisten Menschen versuchen diesem vermeintlichen Unglück durch mehr Konsum zu entkommen. Eine Nebenwirkung besteht darin, dass viele Menschen Werbespots besser kennen als ihren Ehepartner – ungeachtet dessen, dass sie Werbespots missverstehen: Die Seitenbacher-Werbung zum Beispiel ist genaugenommen keine Werbung für ein Müsli, sondern für Vorschlaghämmer und Verhütungsmittel.

Indes können Menschen der Werbung nicht entrinnen. Kaum lesen sie im Internet, bei welcher Katastrophe sich Armin Laschet heute amüsiert, erscheinen Pop-ups wie: Wer ein Buch von Armin Laschet oder die BILD-Zeitung gekauft hat, kaufte auch andere Hamsterkäfig-Einlagen.

Oder: Wer große Aktienanteile von Maskenherstellern gekauft hat, kaufte auch CDU-Politiker.

Menschen sind ständig Konsumanreizen ausgesetzt. Viele kaufen sich alle möglichen Verjüngungstinkturen, Schönheitselixiere und Aphrodisiaka, weil sie sich immer und überall anhören müssen: „Du bist zu alt! Du bist zu unsexy! Du bist zu schlaff!“

Und das allein von ihrem Ehepartner.

Durch die permanente Werbung kommt es zu einem für die Umwelt und den Ressourcenverbrauch schädlichen Irrtum: Viele Menschen glauben, das zu kaufen, was sie brauchen; und deswegen glauben sie, das zu brauchen, was sie kaufen.

Im Kapitalismus ist Unsinn zur Gewohnheit geworden: Die Menschheit strebt nach immer mehr Wirtschaftswachstum; und weil das Streben nach immer mehr Wirtschaftswachstum die Menschheit zu ruinieren droht, strebt sie nach Rettung durch immer mehr Wirtschaftswachstum.

Das ist so, als würde sich ein Mensch in der Gier nach immer mehr Besitz selbst ausrauben; und weil er wegen der Selbstausplünderung seinen Besitz verlöre, würde er diesen Verlust durch noch größere Selbstausplünderung zu kompensieren versuchen.

Die Tatsache, dass der schwedische Naturforscher Carl von Linné der Gattung Mensch ausgerechnet den Namen „Homo sapiens“ gab, also „weiser, vernünftiger Mensch“, ist nur damit zu erklären, dass Carl von Linné Cannabis zur Gattung der Grundnahrungsmittel zählte.

Die Menschen sollten alles dafür tun, damit es möglichst bald zu keinem Erdüberlastungstag mehr kommt. Wie befreiend es ist, Nutzloses und Überflüssiges loszuwerden, erkennt man schon an dem Glücksgefühl, nachdem man bei einer Bundestagswahl für das Ausscheiden von AfD-Politikern aus dem Bundestag gesorgt hat.

(Mehr zu diesem Thema gibt es unter anderem in dem Blog-Beitrag vom 10.12.2020).

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