In einem Einkaufszentrum: Verkäuferinnen räumen die ersten Schokoladen-Weihnachtsmänner in die Supermarktregale; und den Menschen wird bewusst: Bald ist Herbstanfang.
Das Einkaufszentrum ist voll wie ein russisches Gefängnis nach einer Demonstration russischer Bürger für Meinungsfreiheit. Noch mehr Menschen sind hier nur am 23. Dezember, am Tag vor Weihnachten: Unzählige Männer stürmen in die Einkaufszentren und kaufen für ihre Frauen schnell noch ein Geschenk, das diese nach Weihnachten in ein passendes umtauschen können.
In einer Mediamarkt-Filiale drängen sich Menschen wegen eines Sonderangebots vor Flachbildfernsehern. Ein Mann, der an dem Technik-Angebot überhaupt kein Interesse hat und unversehens in dieses Gedränge gerät, ist sehr genervt. Dieser Mann ist so genervt und desinteressiert – der herbeieilende Geschäftsführer bietet ihm eine Stelle als Verkäufer an.
Eine weitverbreitete Kritik lautet, immer mehr Menschen würden persönliche Kontakte zu anderen Menschen verlieren, weil sie technische Dinge wie Handys, Internet, Computer und Fernseher übermäßig nutzen. Das ist wahr. Viele Menschen haben sich zum Beispiel ein Navigationsgerät gekauft und werden nun während des Autofahrens ständig angewiesen, was sie als nächstes zu tun hätten. Ein, wie viele Menschen meinen, gleichwertiger Ersatz für einen Ehepartner.
Technische Dinge können Menschen das Kennenlernen aber auch erleichtern. Wer sich einen Computer kauft, lernt infolgedessen oft viele Menschen kennen: einen Computerverkäufer, einen Service-Mitarbeiter für technische Probleme, eine Mitarbeiterin in der Abteilung Warenumtausch, einen anderen Service-Mitarbeiter für technische Probleme, den Chef und alle Mitarbeiter des Computergeschäfts, zwei Polizisten, eine Polizeihauptkommissarin auf dem nächsten Polizeirevier, eine Staatsanwältin, einen Richter, eine Bewährungshelferin und einen Journalisten, der eine gute Story darin wittert, dass ein Computerverkäufer fortan mit einem nicht entfernbaren Computer auf seinem Hals leben muss.
In den Regalen einer KIK-Filiale sind billige T-Shirts gestapelt. Viele Menschen kritisieren Kinderarbeit. Dabei machen die Kinder das sehr ordentlich.
Viele Kleidungsstücke werden immer billiger: 7 Euro, 6 Euro, 5 Euro – das liegt an der Preisbindung an das Alter der Näher.
Viele Deutsche achten beim Einkaufen nur auf möglichst niedrige Preise und denken nicht an die Menschen, die für die Produkte unter unsäglichen Arbeitsbedingungen schuften. Aber immer mehr Menschen in Deutschland halten sich beim Einkaufen an ethische Maßstäbe: Sie kaufen nur Produkte aus Kinderarbeit, wenn diese Kinder pro Tag eine Mahlzeit und in der Woche nicht mehr als 60 Arbeitsstunden haben.
Menschenrechtsvereine erstellen regelmäßig Berichte über die Zustände in Thailand: In Thailand werden Naturparadiese zerstört, um sie für Touristen zu erschließen; Einheimische müssen für einen Hungerlohn arbeiten, damit der Urlaub in diesen Ländern billig angeboten werden kann; und besonders junge Frauen machen alles, um sich etwas Geld zu verdienen. Und viele Deutsche, die nach diesen Berichten der Menschenrechtsvereine nach Thailand gereist sind, sagen, es wäre alles genauso schön, wie es diese Reise-Werbung verspräche.
In einer H&M-Filiale schlendern zwei Frauen in rosa Leggings herum. Viele fragen sich, wie Menschen grellfarbene Leggings tragen können. Da dies weder mit Modebewusstsein noch mit dem Wunsch nach gutem Aussehen zu erklären ist, bietet es wohl einen evolutionären Vorteil: Wie Pflanzen mit grellen Farben locken die Leggingsträger andere Lebewesen mit dem Verstand einer Biene zur Fortpflanzung an.
Es heißt, die Kleidung sage etwas über deren Träger aus. Deswegen tragen viele Menschen so gern Markenkleidung. „Adidas“ zum Beispiel ist offizieller Ausstatter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. „Thor Steinar“ hingegen ist offizieller Ausstatter deutscher Vollpfosten.
Auf der Rolltreppe des Einkaufszentrums stehen eine Frau und ein Mann. Beiden ist anzusehen, dass sie sich ausschließlich wegen der Erdumdrehung bewegen.
Die beiden tragen Sportanzüge der Marke „Puma“. Natürlich. Solche Menschen kleben wahrscheinlich auch einen Mercedes-Stern auf eine Sackkarre.
Viele Besucher des Einkaufszentrums hamstern bestimmte Produkte. Dafür gibt es natürlich einen guten Grund: Viele Menschen hamstern bestimmte Produkte, weil viele Menschen mit Hamsterkäufen einen Mangel an bestimmten Produkten verursachen.
Das ist, als würden diese Menschen ihr Haus anzünden, um es vor Brandstiftern zu schützen.
Viele Deutsche glauben, ihre Hamsterkäufe wären gerechtfertigt. Sie sind sich sicher, dass der Nahrungsmittelmangel in diesem Land offensichtlich unmittelbar bevorstünde, denn niemand könne die Tatsache bestreiten, dass es in ganz Deutschland keine Lebensmittelmarken mehr zu haben gebe.
(2. Teil folgt)