Gunnar Schade – Satire-Blog Über Gunnar Schade

28.04.2023

Während es in Deutschland derzeit viel Aufregung um die Protestaktionen der „Letzten Generation“ und die Spielweise des FC Bayern München gibt, betreibt Irans Mullah-Regime echten Terror: Das Oberste Gericht im Iran hat das Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd bestätigt. 

Der Oppositionelle ist im Jahr 2020 vom iranischen Geheimdienst verhaftet, verschleppt und in ein Gefängnis gesperrt worden. 

Wegen eines angeblichen Terroranschlags und der vermeintlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten wurde Jamshid Sharmahd zum Tode verurteilt. Ohne Beweise. Ohne ein faires Gerichtsverfahren. Nur aufgrund eines willkürlichen Urteils.

Zum Tode verurteilte Menschen werden im Iran meistens erhängt. Das iranische Regime hat tragischerweise kein Problem damit, bei anderen Menschen durch Erhängen die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn zu unterbinden – das Mullah-Regime lebt seit langem in diesem Zustand.

Gazelle Sharmahd, die Tochter des verurteilten Deutsch-Iraners, hat nun besonders der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock Untätigkeit vorgeworfen und in einem Interview gefragt: „Wo waren denn die ernsthaften Konsequenzen, von denen Frau Baerbock gesprochen hat, als ein deutscher Staatsbürger entführt und in einem Schauprozess zum Tode verurteilt wurde?“

Eine berechtigte Frage. Annalena Baerbock hat bei ihrem Amtsantritt angekündigt, feministische Außenpolitik zu betreiben. Spätestens nach dem Tod der 22-jährigen Jina (Mahsa) Amini, die von der sogenannten Sittenpolizei Irans wegen ihres angeblich nicht „richtig“ getragenen Kopftuches festgenommen wurde und infolge dieser gewaltsamen Festnahme starb, wäre der richtige Zeitpunkt für sogenannte feministische Außenpolitik gewesen.

Erst recht, weil das iranische Regime die Proteste der Frauen, die seitdem im Iran zu Tausenden gegen die restriktiven Kleidervorschriften und für bessere Lebensbedingungen demonstrieren, brutal niederzuschlagen versucht.

Aber von Annalena Baerbock kam einen Monat lang nichts außer mahnenden Worten. Gut – vielleicht hat Annalena Baerbock zunächst gehofft, ihre Stimme sei genug Abschreckung für Irans Regime.

Erst nach den drängenden Forderungen vieler Menschen im und außerhalb des Irans und erst lange nachdem die US-Regierung Sanktionen gegen die sogenannte Sittenpolizei Irans verhängt hat, hat Annalena Baerbock gegen diese Sittenpolizei Sanktionen wie ein EU-Einreiseverbot und ein mögliches Einfrieren der Vermögen angekündigt. – Anstatt mit Sanktionen bei den intensiven Wirtschaftsbeziehungen ein viel wirksameres Druckmittel auf das iranische Regime zu nutzen.

Auch seitdem der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd zum Tode verurteilt worden ist, hat es Deutschlands Außensirene Baerbock zunächst bei Mahnungen belassen. 

Vorgestern hat sie die Bestätigung des Todesurteils auf Twitter kommentiert. Irans Regime schreckt zwar nicht einmal davor zurück, gegen Kritiker wie Salman Rushdie eine Fatwa zu verhängen; aber Tweets werden die islamistischen Fanatiker natürlich zur Einsicht bekehren …

Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder Annalena Baerbock kann wirksame Sanktionen gegen das Mullah-Regime verhängen, tut dies aber nicht; oder sie kann gegen das iranische Regime nichts ausrichten, tat mit leeren Drohungen aber so. 

In jedem Fall hat Gazelle Sharmahd, die Tochter des verurteilten Deutsch-Iraners, zu Recht gefragt, wo die ernsthaften Konsequenzen seien, von denen Annalena Baerbock gesprochen hat.

Auch gegenüber China hat Baerbock Drohungen ausgesprochen. Richard David Prechts Vorwurf ist unberechtigt: Zweifellos hat eine 42-jährige Frau das Recht, Chinas Regierung an das Einhalten der Menschenrechte zu gemahnen. Das Problem besteht darin, dass Annalena Baerbocks Worten bisher nie entsprechende Taten gefolgt sind.

Männer werden indes – zu Recht – kritisiert, wenn sie arrogant auftreten. Annalena Baerbock versteht unter Gleichberechtigung offensichtlich, genauso arrogant auftreten zu können wie viele Männer. In einem Interview im November 2020 hat sie über Robert Habeck und sich gesagt: „In manchen Dingen sind wir einfach sehr anders. Vom Hause her kommt er … Hühner, Schweine, Kühe melken. Ich komm eher vom Völkerrecht.“

(Die Auslassungspunkte stehen für Baerbocks Sprechpause und nicht für ein verkürztes Zitat.)

Was Annalena Baerbock beim Völkerrecht gelernt hat, wurde rasch klar: ihren Lebenslauf beschönigen und sich in fast jedem Interview versprechen – sogar, als sie sich selbst als weltgewandte Politikerin und Robert Habeck als hinterwäldlerischen Bauerndödel darzustellen versucht hat, ist sie – siehe Zitat – beim Formulieren eines korrekten Satzes gescheitert.

Annalena Baerbock, dieses rhetorische Reaktorunglück, ist nur ein Beispiel für ein generelles Missverständnis: Zweifellos ist es richtig, dass Frauen genau wie Männer Spitzenämter innehaben. Zweifellos bedarf es wegen der leider immer noch fehlenden Gleichberechtigung einer Frauenquote, damit Frauen überhaupt erst einmal die Chance erhalten, in Spitzenämtern ihre Fähigkeiten zu zeigen.

Frauen in Spitzenämtern bedeuten – entgegen eines schlichten Weltbilds vieler Menschen – jedoch keinesfalls, dass die Welt dadurch gerecht wäre.

Die Auffassung vieler Männer, wonach Männer für Führungspositionen geeigneter wären als Frauen, ist genauso falsch und vorurteilsbeladen wie die Auffassung vieler Frauen, wonach es in einer von Frauen regierten Welt keine Kriege und Ungerechtigkeiten gäbe.

Die Tatsache, dass viele Frauen genauso brutal und ungerecht sind wie viele Männer, beweisen etliche Frauen: von Kleopatra und den Maya-Königinnen über Lynndie England beim Abu-Ghuraib-Folterskandal und den Frauen in der Al-Khansaa-Brigade der Terrororganisation IS bis hin zu den Frauen um Putin (zum Beispiel Walentina Matwijenko: Putins rechte Hand, die ihn beim Angriff auf die Ukraine und der Diskriminierung homosexueller Menschen unterstützt; Margarita Simonjan: beim russischen Nachrichtensender RT amtierende Chefredakteurin, die Putins Lügen verbreitet; Maria Lwowa-Belowa: für „Kinderrechte“ zuständige Präsidialkommissarin, die für die Verschleppung und Zwangsadoptierung ukrainischer Kinder verantwortlich ist).

Und Helene Fischer, deren Schlager immer noch nicht als Terrorismus geahndet werden.

Viele Menschen müssten es sich in ihr schwarz-weißes Weltbild eingravieren: Nicht jeder Mann ist ein empathieloser Gewalttäter; und nicht jede Frau eine verständnisvolle Seelsorgerin.

Kompetenz und Führungsstärke sind keine spezifisch männlichen Eigenschaften; Empathie und Vernunft keine spezifisch weiblichen Eigenschaften.

Die Bundesregierung, allen voran die Außenministerin Annalena Baerbock, muss alles dafür tun, um das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd abzuwenden.

Und statt einer vermeintlich feministischen Außenpolitik bedarf es einer tatsächlich humanistischen Außenpolitik.

(Mehr zu diesem Thema gibt es in den Blog-Beiträgen vom 19.11.2022 und 17.10.2022 und 11.07.2020)

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